KASPAR HAUSER

KASPAR HAUSER

KASPAR HAUSER

Die Stellvertreter – unbekannte Gäste BLUE:

Audiovisuelle Medienperformance nach Kaspar Hauser Lied von Georg Trakl

 

Elektronisches Environment 2023

What Do You Live For? V.2 / BLUE / Kaspar Hauser
Material + Computer-Videoanimation + Musik
Produktion © GRAF+ZYX
Material 1978/1981/2004/2005/2014/2023

Sprecher: Christian Reiner (für Art Visuals & Poetry Filmfestival, 2014)
Performance, Video, Musik What Do You Live For?: GRAF+ZYX

Ménage à trois

Die Voraussetzung zur Erzählung findet sich in zwei divergierenden wissenschaftlichen Thesen, die über einen längeren Zeitraum als gesichert galten:
»Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und Vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand.«
[Isaac Newton,
Mathematische Prinzipien der Naturlehre, 1687]
Und der Entgegnung [aus dem 20. Jahrhundert] darauf:
»Dieser absolute Zeitbegriff hatte bis zur Formulierung der speziellen Relativitätstheorie im Jahre 1905 Gültigkeit. Er liegt auch heute noch dem menschlichen Alltagsempfinden des Phänomens Zeit zugrunde. Durch die Entdeckungen im Zusammenhang mit der Relativitätstheorie musste dieser absolute Zeitbegriff aufgegeben werden.
So beurteilen Beobachter, die sich relativ zueinander bewegen, zeitliche Abläufe unterschiedlich. Das betrifft sowohl die Gleichzeitigkeit von Ereignissen, die an verschiedenen Orten stattfinden, als auch die Geschwindigkeit des zeitlichen Ablaufs.
Da kein absolut ruhendes Koordinatensystem definierbar ist, gibt die Frage, welcher Beobachter die Situation korrekt beurteilt, keinen Sinn. Man ordnet daher jedem Beobachter seine so genannte Eigenzeit zu. Ferner beeinflusst die Anwesenheit von Massen den Ablauf der Zeit, so dass sie an verschiedenen Orten im Gravitationsfeld unterschiedlich schnell verstreicht.«*
Damit ist Newtons Annahme, die Zeit verflösse ohne Bezug auf äußere Gegenstände, nicht mehr haltbar und da unsere Gesellschaft noch nicht am Ende der Zeit und ihrer wissenschaftlichen Forschungen angekommen ist, bedeutet dies, dass noch viele neue interessante Theorien zu Raum und Zeit – entwickelt und wieder verworfen – ihren Eingang in diese Geschichte finden werden. 1

Die Stellvertreter – unbekannte Gäste BLUE:

Überraschend war es damals zu seinem ersten Zusammenstoß mit diesem Tier gekommen und beide waren sie bei ihrem unbeabsichtigten Aufprall zu Tode erschrocken zusammengezuckt.
Der riesige Fisch drehte sich ruckartig mit einem gewaltigen Schlag seiner Schwanzflosse wirbelnd um seine eigene Achse und verschwand blitzschnell im Dunkel der Entfernung –
eine Spirale schwarzen, trudelnden Wassers hinter seinem glitzernden Körper herziehend.
Und der Avatar?
Der ließ, durch den heftigen Aufprall aus dem Gleichgewicht gebracht, den Stein fallen, verschluckte vor Schreck einen Mund voll Salzwasser, um dann prustend und zappelnd wieder an die Oberfläche des Wassers zu kommen, und während er mit zittrigen Schwimmzügen das entfernte Ufer zu erreichen versuchte, dachte er an den bemerkenswerten Artikel, den er gestern gelesen hatte. 2

ZEIT
Die Schwelle, ab der die Reihenfolge zweier Reize unterschieden werden kann, ist unabhängig von der Art der Wahrnehmung etwa 30 bis 40 Millisekunden. sie richtet sich aber stets nach der langsamsten Reizübertragung. 3

DIE RICHTUNGEN DER ZEIT

ZUR SYMMETRIE DER BEIDEN RICHTUNGEN DER ZEIT: DIE GRUNDGESETZE DER PHYSIK, DIE PHÄNOMENE UNSERES ALLTAGS BESCHREIBEN, SIND INVARIANT BEZÜGLICH EINER INVERSION DER ZEIT. DAS BEDEUTET, DASS ZU JEDEM VORGANG, DER DIESEN GESETZEN GEHORCHT, AUCH DER ZEITUMGEKEHRTE IM PRINZIP MÖGLICH IST.

DAS FLIESSEN DER ZEIT

IM RAHMEN DES FORMALISMUS DER BESCHREIBUNG VON ANTIMATERIE SIND ANTITEILCHEN GLEICHWERTIG ZU GEWÖHNLICHEN TEILCHEN, DIE SICH IN GEWISSEM SINNE RÜCKWÄRTS IN DER ZEIT BEWEGEN. IN DIESEM SINNE HAT DIE PAARVERNICHTUNG VON EINEM TEILCHEN MIT SEINEM ANTITEILCHEN EINE FORMALE ÄHNLICHKEIT MIT EINEM EINZIGEN TEILCHEN, DAS SICH AN DIESER STELLE IN DIE VERGANGENHEIT ZURÜCKZUBEWEGEN BEGINNT, SO DASS ES DORT DOPPELT UND IN DER ZUKUNFT GAR NICHT EXISTIERT.

DER VERLUST DER ZEIT

IN DER LOOP-QUANTENGRAVITATION, EINEM KAN­DI­DA­TEN FÜR DIE THEORIE DER QUANTENGRAVITATION, GEHT MAN DAVON AUS, DASS DAS GEFÜGE DER RAUMZEIT EIN VIERDIMENSIONALES, SCHAUM­ARTIGES SPIN-NETZWERK DARSTELLT MIT »BLASEN« VON DER GRÖSSENORDNUNG DER PLANCK-EIN­HEITEN. ALLERDINGS DARF MAN SICH DIE­SEN »SCHAUM« NICHT IN RAUM UND ZEIT EIN­GE­BET­TET VORSTELLEN, SONDERN DER SCHAUM IST IN DIESER THEORIE RAUM UND ZEIT.

DAS STEHEN DER ZEIT

IM DREIDIMENSIONALEN RAUM IST DIE WAHL DER DREI KOORDINATENACHSEN WILLKÜRLICH, SO DASS BEGRIFFE WIE LINKS UND RECHTS, OBEN UND UNTEN, VORNE UND HINTEN RELATIV SIND. IN DER SPEZIELLEN RELATIVITÄTSTHEORIE STELLT SICH NUN HERAUS, DASS AUCH DIE ZEITACHSE NICHT ABSOLUT IST.

ZEIT UND KAUSALITÄT

IM RAHMEN DER RELATIVITÄTSTHEORIE WIRD DIE ZEITLICHE REIHENFOLGE ZWEIER EREIGNISSE, DIE AN VERSCHIEDENEN ORTEN SCHNELL GENUG AUFEINANDER FOLGEN, VON RELATIV ZUEINANDER BEWEGTEN BEOBACHTERN UNTERSCHIEDLICH BEURTEILT.

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1 Das Fließen der Zeit. © The Snake 2005
2 Excerpt aus: Der Mann, der vom Himmel träumte und als Fisch erwachte, © GRAF+ZYX 2007
3 Zitat aus: »Zeit« [Wikipedia, der freien Enzyklopädie]

WHAT DO YOU LIVE FOR? – i do not exist – tell me now – what do you live for

ATLANTIC ROULETTE oder DIE THEORIE DER TRÄGHEIT

ATLANTIC ROULETTE oder DIE THEORIE DER TRÄGHEIT

ATLANTIC ROULETTE

oder DIE THEORIE DER TRÄGHEIT

Audiovisuelle Medienperformance

Elektronisches Environment 2022

360°-Screening mit Musik
Material + Computer-Videoanimation + Musik
Produktion © GRAF+ZYX 2022

Bei diesem Modell geht es nicht um die exakt definierte Konstruktion einer Situation, sondern um die Produktion im Sinn einer ästhetischen Idee und deren maximaler Wandelbarkeit.

Jetons klicken in den Fingern aufgeregter Spieler. Diese Spieler sind aber nur unbedeutende Figuren eines übergeordneten Spiels. Sie träumen überheblich in einer für sie zu kompliziert verschachtelten Anordnung von enormen Gewinnen.

Der Sieg ist unser!

Die letzten Wetten werden platziert. Die weiße Kugel beginnt zu rollen, sie dreht im Kreis. Rot / Schwarz / Rot / Schwarz / X for U /…. die Zahlen fliegen.

Rien ne va plus!

Die Bank gewinnt immer – während die Aussicht auf dauerhaften Verlust ins Unermessliche steigt.

INTRO

Warum aber gerade Roulette?
… sinniert die Krähe vor sich hin und zupft sich ihr Federkleid für den nächsten Flug zurecht.

Weil ich die Kugel bin!
… ruft die weiße Taube vom Dach und verschwindet für immer hinter dem Ereignishorizont.

Das wird ein kalter langer Winter!
… brabbelt der Bär und zieht sich schnaufend in seine Höhle zurück.

Und die Maus kauert zitternd unter der Erde, hilflos dem immerwährenden Getöse und Stampfen der Motoren ausgesetzt.

Die neue Parole!
Bad Voice, Nice Touch
Senseless Words (but) Wordless Sense

Durch die Zuschreibung von wechselnden Bedeutungen und aus der Position dieses Konstruktionsansatzes ist es aber nicht sinnvoll, von nur einem Handlungsstrang zu sprechen, sondern von einer Vielzahl differenter, sich überlagernder mentaler Vorstellungen – einem hybriden Konstrukt.

Bei dieser besonderen Art, flüchtige Eindrücke zu komponieren, soll nur die Ästhetik der Orientierung dienen und der Raum, über die subjektive Erkenntnis vom Verhältnis Distanz zu Zeit, so genommen werden, wie er erscheint.

Rien ne va plus!
2022, 2023, 2024 …

WHAT DO YOU LIVE FOR? – i do not exist – tell me now – what do you live for

Die Verwaltung des voyeuristischen Blicks

Die Verwaltung des voyeuristischen Blicks

DIE VER­WAL­TUNG DES VOYEU­RIS­TI­SCHEN BLICKS

Der Körper als Roh­material in der Kunst

Unser möglichst subjektiver Beitrag zum Schiele-Jahr 2018 als Antwort auf die jeder entschlossenen Kunst inhärente Forderung nach radikal-innovativer Ästhetik und inhaltlicher Autarkie.
TANK 203.3040.AT: September 18

] Die Uto­pie [

GRAF+ZYX plädieren in ihren Konzepten für die Wiederannäherung an bereits gesellschaftlich verdrängte Gestaltungsmöglichkeiten wie Konzentration auf Persönliches, Fiktives und »Handgemacht«-Perfektes und eine an das futuristische Manifest angelehnte Zukunftsvision, der reizvollen Perspektive der [Er]Schaffung neuer, noch nie dagewesener künstlicher Welten und Identitäten. So enthalten ihre medienübergreifenden Arbeiten die persönliche Liebeserklärung an das Maschinenzeitalter und favorisieren das Modell der intimen Verschmelzung von Mensch und Maschine. Ungebrochener humanoider Gestaltungswille in enger Symbiose mit einer beherrschbaren, durchschaubaren, der persönlichen Erweiterung dienenden und unter diesem Aspekt gar nicht mehr so »kalten« Technik.

Und ohne auf die Darstellung realistischer Selbstportraits mit autobiografischem Bezug oder auf konkret gesellschaftspolitische Referenzen als Erfolg versprechende Kommunikationsmodule zurückzugreifen, formulieren sie mit ihren Bild-, Sounds- und Textpassagen die tristen, aber ästhetisch durchaus reizvollen Aspekte eines zivilisierten [Innen]Lebens, jenseits des normalen Alltags an der Schwelle zur Utopie.

Aspekte eines zivili­sierten [Innen]­Lebens jenseits des normalen Alltags an der Schwelle zur Utopie ...

Die Klessheim-Borg-Connection feat. Schwanensee

Die Klessheim-Borg-Connection feat. Schwanensee

Die Klessheim-Borg-Connection feat. Schwanensee

Im Geist von It Wasn’t Us – But Then Again It Was

Ein 2017 um Bilder, Musik und Video­installation erweitertes Revival unseres Hörraums zu Mozarts Kammermusik als Teil der Salzburger Landesausstellung Mozart – Bilder und Klänge, 1991, Schloss Kleßheim.

DADA negligé

DADA negligé

DADA negligé

Der DADA ist ein alter Hut, das war er schon immer

Der DADA-Geist war seit je, auch lang vor DADA, ein Grund­nahrungs­mittel für alle innovativen Künstler_innen – nur hatte es vorher niemand so präzise (nicht) auf den Punkt gebracht.

Ist DADA ein Pferd?
Ist DADA ein Huhn?
Ist DADA ein alter Hut?
Nichts von allem.
Aber alles von nichts.
Dem DADA neue Wäsche!

 

Elektronisches Environment 2016

Credits:
Video: Computeranimation, Grafik, Fotografie, Videoperformance, Kamera, Schnitt, Produktion: GRAF+ZYX 1977–2016
Musik: Komposition, Arrangement, Text, Instrumente, Gesang, Produktion: GRAF+ZYX 1972–2015
Fotocredits: (C) GRAF+ZYX / Bildrecht

Der DADA ist ein alter Hut, das war er schon immer

Der DADA-Geist war seit je, auch lang vor DADA, ein Grundnahrungsmittel für alle innovativen Künstler_innen – nur hatte es vorher niemand so präzise (nicht) auf den Punkt gebracht.

Denn er hängt eng mit der uralten Frage zusammen, wie und ob überhaupt wir in der Lage sind, die vermeintlich reale Welt auch nur annähernd objektiv zu erfassen und zu erleben.
Und ob Eindeutigkeiten überhaupt je begründbar sind.
Und ob zwischenmenschliche Kommunikation überhaupt möglich ist oder nur eine überlebensstrategische Illusion.
Und ob logisches Denken überhaupt für irgendetwas taugt und Zufallsentscheidungen nicht weit kreativere Lösungsansätze für sämtliche Problemstellungen bieten.

Jedenfalls: Ohne eine Prise DADA ist Kunst keine Kunst.

DADA ist nutzlos. DADA ist sinnlos.
Deshalb kann DADA Kunst und deshalb kann DADA Politik.
Und zwar nicht durch Codierung konkreter politischer Forderungen oder Modelle, die in der Kunst überhaupt nichts verloren haben, weil politische Statements Kunst so wenig wie andere Verwässerungen brauchen, sondern durch die Bewusstmachung der Absurdität von gesellschaftlichen Übereinkünften und Regelwerken.

Das DADA-Gen manifestiert sich also schon immer bei allen guten Künstler_innen, weil ihnen ihre Eigenständigkeit über breite gesellschaftliche Akzeptanz geht; zumindest in Form von Auflehnungsäußerungen gegen tradierte ästhetische und inhaltliche Regeln in Gesellschaft und insbesondere in Kulturbetrieb und Kunstmarkt.

Wir nehmen uns selbst nicht ernst, verlangen aber selbstverständlich von anderen, uns ernst zu nehmen.
Und überhaupt leben wir die Egalität von Gegensätzen:
DADA ist tot. DADA ist ewig.
Denn wenn das Eine stimmt, stimmt auch sein Gegenteil, auch das Gegenteil von dem, was wir hier schreiben, oder auch nicht.

DADA negligé – dem DADA neue Wäsche

DADA negligé ist zunächst spontan und ohne theoretische Hintergedanken entstanden, aber stimmige Kunst braucht stimmige Konzepte (schon Kunsttheorie und -vermittlung zuliebe), die natürlich auch im Nachhinein lieferbar sind.

Unser Zugang zum Thema könnte also gewesen sein, dass der DADA-Geist immer wesentliche Inputs in künstlerische Arbeit liefern wird – hoffentlich, denn sonst ist es um die Kunst geschehen.

Nicht mehr aktuell wäre allerdings die Formensprache des DADA der 10er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, und so hätten wir mit unserer eigenen Übersetzung dem DADA einfach erneuernde Dessous verpasst.

Und immer gilt: Wir pfeifen auf die Realität, wenn sie sich aufführt wie unsere Gegenwart.

DADA ist sinnlos, DADA ist nutzlos – und bleibt deshalb unentbehrlich.